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Passender Wein zu Spargel

Welcher Wein passt am besten zu Spargel? Worauf ist zu achten, um den richtigen Wein zu leckeren Spargelgerichten zu finden? Sommelière Janine Woltaire hat Antworten auf diese und weitere Fragen und räumt im Interview mit dem Vorurteil auf, dass Rotwein nicht zu Spargel passt.

Gläser auf dem Bartresen mit kleinem Bild der Sommelière Janine Woltaire
Gläser auf dem Bartresen mit kleinem Bild der Sommelière Janine Woltaire

Tipps von der Expertin

Fangen wir mit der vielleicht einfachsten, aber sicher wichtigsten Frage an: Welcher Wein passt denn am besten zu Spargel?

Janine Woltaire: Es ist gar nicht so einfach zu beantworten und diese Frage stellt sich jedes Jahr aufs Neue. Das macht es jedes Jahr zur Spargelsaison wieder so spannend. Spargel kommt so unterschiedlich auf den Teller, er ist ein wahnsinnig spannendes Gemüse. Wenn der Spargel unterschiedlich zubereitet ist, einmal frisch und leicht als Salat beispielsweise oder eher stärker mit Sauce Hollandaise oder brauner Butter und Steak, verändert das die Weinauswahl. Ich bin ein großer Fan, wenn der Weißwein nicht ganz so viel Säure bietet, weswegen Burgunder-Rebsorten oder ganz klassisch Franken-Silvaner gut passen. Dann schmeckt der Wein nicht so bitter und metallisch. Die deutsche Lieblingssorte Riesling geht im Zweifel auch, am ehesten zu asiatisch angehauchten Gerichten.

Wenig Holz, wenig Vanille, wenig Kitsch

Welche Eigenschaften müssen die Weine mitbringen?

Janine Woltaire: Bei Weißwein arbeite ich wie gesagt mit wenig Säure, gleichzeitig eignen sich auch Holz- oder Barrique-Weine gut. Gerade wenn man mit brauner Butter arbeitet, einen Karamell-Geschmack auf dem Teller hat, darf es gerne ein Holz-ausgebauter Weißwein sein. Spargel ist in meinen Augen, egal wie er zubereitet ist, ein sehr elegantes Gemüse. Das sollte auch die Beschreibung des Weines sein, also nicht zu sehr alkohol-dominiert, nicht zu kraftvoll, nicht zu sattmachend. Es sollte sich eben in diesem eleganten, feineren Bereich abspielen. Da darf es etwas erdiger oder Kräuter-lastiger sein. Wenn man in Richtung Schnitzel denkt, mit der knusprigen Panade und der Säure der Zitrone, darf der Wein schon präsent sein und viel Kraft haben.

Kellner stellt Glas auf einen Tisch

Gleichzeitig gilt: Es darf aber nicht zu holzig, zu viel Vanille, nicht zu kitschig sein. So klassische Cuvées, die das ganze Jahr nicht im Glas landen, weil sie eben so kitschig sind, kommen dann plötzlich auf die Karte, nur weil jetzt Spargelwein draufsteht. Das ist für mich auch nicht der richtige Ansatz. Dieses sehr primärfruchtige, süßlich-eindimensionale, was dann als Spargel-Cuvée angepriesen wird, ist auch Quatsch.

Was passt besser: ein junger Wein aus dem vorigen Jahr oder eher einer, der schon länger lagert?

Janine Woltaire: Das ist sehr abhängig davon, wie denn der Spargel auf den Teller kommt. Bei einem frischen Spargelsalat oder bei gebackenem Spargel mit Joghurtdip, also bei leichteren Gerichten, kann man auch im Glas jünger und frischer werden. Wenn auf dem Teller kraftvollere, cremigere Aromen herrschen, dann würde ich lieber die gereifteren Weine empfehlen.

Riesling passt zu grünem Spargel

Gibt es Unterschiede zwischen weißem und grünem Spargel?

Janine Woltaire: Grüner Spargel ist für mich sehr gut asiatisch interpretierbar, Richtung Koriander und Ingwer. Da bin ich dann sehr gerne beim feinherben, deutschen Riesling von der Mosel, ein wenig leichter und süßer, die Säure kann die Schärfe vom Ingwer ein wenig auffangen, die Süße das ganze ausgleichen. Da brilliert diese Rebsorte dann, finde ich.

Rot- und Weißweinglas auf einem Tisch

Warum eignet sich Rotwein nicht zu Spargel?

Janine Woltaire: Rotwein hat viel mehr Gerbstoffe, also Tannine, die dieses pelzige Gefühl erzeugen. Das kann ein leichtes Spargelgericht platt machen. Und weißen Spargel assoziiert man ja naheliegend mit hellen Aromen, wie bei den Klassikern Sauce Hollandaise oder zerlassener Butter. Und da eine rote Frucht und marmeladigen, schweren Wein dazu, das passt in der Idee einfach nicht. Aber man kann Rotwein durchaus sehr gut kombinieren. Es gibt leichte Rotweine, zum Beispiel einen Spätburgunder oder sehr leichte und fruchtige Rotweincuvées. Gerade im Sommer, bisschen gekühlter als üblich, passt ein Rotwein gut. Lieber diesen bei 14 Grad servieren, statt bei Zimmertemperatur. Das ist bei Rotwein aber generell eine überholte Annahme. Rotwein darf gerne bei 16-18 Grad serviert werden und im Sommer eben noch ein oder zwei Grad kühler. Dann kann dieser sehr gut auch Spargelgerichte begleiten mit ein wenig Röstaromen, zum Beispiel direkt vom Grill im Garten.

Wie verhält es sich beim Weißwein mit dem Kühlen und der richtigen Temperatur?

Janine Woltaire: Super Frage, beim Weißwein ist es wirklich spannend. Der wird ja häufig wirklich sehr, sehr kalt getrunken. Ein ganz knackig frischer Sauvignon-blanc, was auch eine tolle Rebsorte zum Spargel ist, kann bei sechs bis acht Grad ins Glas kommen. Das ist auch eine tolle Rebsorte zum Spargel, zumindest wenn sie in ihrer grün, grasig-frischen Variante zum Beispiel aus der Steiermark ins Glas kommt und kombiniert wird mit einem frischen, grünen Spargelsalat und Frühlingskräutern. Aber zum Beispiel ein kraftvoller Burgunder, im Holz ausgebaut, verliert viel Aromatik, wenn er zu kalt ist. Da würde ich eher in Richtung zehn Grad gehen. Man unterscheidet zwischen Servier- und Trinktemperatur. Lieber serviere ich den Wein ein Grad kälter. Aber gerade kraftvolle, intensive Weißweine verlieren viel Aromatik, wenn sie eiskalt getrunken werden.

Eine gute Beratung wird immer wichtiger

Wie viel Wert legen Gäste auf eine gute Beratung? Und ist es beim Spargel noch ein Stück wichtiger?

Janine Woltaire: Ja, das würde ich schon sagen. Aber die Weinberatung ist generell ein spannendes Thema. Ich erlebe schon, dass das mehr und mehr gefragt und angenommen wird. Die Gäste kennen sich mit manchen Regionen, wie Österreich, Tschechien, Slowenien oder Ungarn, nicht so gut aus, aber diese Gegenden werden immer relevanter. In Berlin ist es noch einmal eine besondere Situation, eine kleine Bubble. Ich erlebe Gäste immer wieder sehr offen für neue Weinstilistiken und dass sie Lust haben, etwas anderes und Neues kennenzulernen. Die Gäste sind auf Beratung angewiesen, ich lege immer viel Wert darauf, einfach mal probieren zu lassen, um ein Gefühl zu bekommen, ob es das richtige für den Abend ist. Das wird gerne angenommen, da ist auch die Nachfrage da, das freut mich. Es ist toll, in den Dialog zu kommen und sich über Wein auszutauschen, das ist ein schöner Moment. Klar, das Servieren auch, aber mit den Gästen darüber zu sprechen ist super. Insgesamt ist mein Eindruck, dass Offenheit für Qualität und Produktverständnis immer mehr wird und Fachhandlungen mehr an Bedeutung gewinnen.

verschiedene Karaffen und Weingläser

Hast Du Tipps für Gäste, im Restaurant einen guten Wein zu finden?

Janine Woltaire: Wichtig ist es beim Blick in die Weinkarte, wenn der Produzent vermerkt ist. Das ist ein Zeichen, dass im Restaurant Wert darauf gelegt wird, dass es handwerklich hergestellte Weine sind. Ich würde im Zweifel darum bitten, dass ich probieren darf. Klar, das kommt auf die Situation drauf an, ein Biergarten ist da sicher nicht der richtige Ort. Da bleibe ich lieber bei meinem Spritz-Getränk und bin glücklich. Aber in der Qualitäts-Gastronomie ist das legitim. Ich muss wissen, ob mir der Wein schmeckt. Er kann noch so perfekt zu Spargel passen, wenn er mir nicht schmeckt, ist das nicht gut. Und dann einfach das Gespräch suchen. Es gibt mittlerweile so tolle Gastronomen und Sommeliers, die da kompetent beraten können. Gut ist auch, sich ein kleines Vokabular anzueignen. Mag man Säure? Mag man Frucht? Mag man es kraftvoller? Es hilft mir in der Beratung, wenn mir Gäste eine bestimmte Rebsorte nennen, die sie öfter trinken. Wenn sie sagen, sie trinken immer Pinot-Grigio, kann ich schon ableiten, womit sie sich wohlfühlen. Man kann dann schon was Neues ausprobieren, aber daran hangelt man sich entlang.

Lässt Du Dich beim Restaurant-Besuch beraten oder wählst Du einfach selbst den passenden Wein von der Wein-Karte aus?

Janine Woltaire: Sowohl als auch, ehrlich gesagt. Wenn ich irgendwo hingehe, will ich auch mal etwas trinken, was ich lange nicht getrunken habe. Ich stöbere wahnsinnig gerne durch die Weinkarten und suche mir was aus. Aber ich lasse mich auch wahnsinnig gerne beraten. Gerade in Weinregionen, wo ich mich nicht auskenne. Und wenn ich die Weinkarte nicht selbst geschrieben habe und ich nicht selbst täglich die Weine öffne und mit denen arbeite, vertraue ich den Kolleginnen und Kollegen total, da frage ich dann nach. Ich beschreibe dann, was ich suche, für mich darf es auch ein bisschen funky im Weinglas sein, ohne dass es zu wild wird. Diese Balance versuche ich dann zu beschreiben, und das hat bisher immer geklappt. Wenn wir dann unter „Profis“ reden, wird es schon sehr detailliert, da findet man schneller den richtigen Wein. Es geht dann auch in Feinheiten. Weine durchleben Zyklen, gerade die älteren. Da tauscht man sich dann aus: ‚Ist der Wein noch in der verschlossenen Phase, wie nimmst du den Wein gerade wahr?‘ Das ist sehr fachspezifisch, aber ein sehr spannender Aspekt.

Wenn Du bei Freunden eingeladen bist, fragen die Dich nach Empfehlungen?

Janine Woltaire: Ja, das passiert schon, ist aber schwierig zu beraten. Wenn man sich gegenübersitzt, kann man noch genauer darüber sprechen. Aber eine Empfehlung aus dem Nichts, durch eine kurze Whats-App-Nachricht, ist natürlich schwierig. Wo liegt die Preisspanne? Soll es frisch und knackig sein und auf der Terrasse in der Sonne funktionieren, oder eine bestimmte Speise begleiten? Da kann ich nicht einfach sagen, Grauburgunder passt. Da braucht es den Dialog, dann berate ich da natürlich auch gerne.


Zur Expertin

Sommelière Janine Woltaire
©White Kitchen

Janine Woltaire ist ausgebildete Sommelière und ist in Berlin tätig. Die gebürtige Hamburgerin kam als Studentin in die Hauptstadt. Schon zuvor hatte sie in der Gastronomie gearbeitet und sich damit auch das Studium finanziert. Ein kleines, privat geführtes Start-up hat ihr dann so richtig gezeigt, welches Herzblut dahintersteckt. Das war für sie der Schlüsselmoment, dass es sie in die Gastronomie zieht. Eineinhalb Jahre besuchte sie die Sommelier-Schule in Berlin und lernte dort berufsbegleitend alles zum Thema Wein. 2021 wurde sie von den Fachmagazinen Feinschmecker und Gusto als „Sommelière des Jahres“ ausgezeichnet.

Zur Expertin

Janine Woltaire ist ausgebildete Sommelière und ist in Berlin tätig.. Die gebürtige Hamburgerin kam als Studentin in die Hauptstadt. Schon zuvor hatte sie in der Gastronomie gearbeitet und sich damit auch das Studium finanziert. Ein kleines, privat geführtes Start-up hat ihr dann so richtig gezeigt, welches Herzblut dahintersteckt. Das war für sie der Schlüsselmoment, dass es sie in die Gastronomie zieht. Eineinhalb Jahre besuchte sie die Sommelier-Schule in Berlin und lernte dort berufsbegleitend alles zum Thema Wein. 2021 wurde sie von den Fachmagazinen Feinschmecker und Gusto als „Sommelière des Jahres“ ausgezeichnet.